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Seltene und Orphan-Erkrankungen der Lunge

Als selten werden Erkrankungen bezeichnet, die bei weniger als einer von 2.000 Personen in Europa auftreten. Als „Orphan-Disease“ (wörtlich: Waisenerkrankung) werden Krankheiten bezeichnet, die noch nicht ausführlich erforscht wurden, für die keine spezifischen Behandlungen erhältlich sind sowie Erkrankungen, die für Wissenschafter und Ärzte nur beschränkt von Interesse sind. Als Folge fühlen sich Patienten in ihrem jeweiligen Gesundheitssystem oft allein gelassen und „verwaist“. Zu diesen Krankheiten zählen die primäre Ziliendyskinesie, mehrere zystische Lungenerkrankungen und ideopathische eosinophile Pneumonien.

Letztes Update 18/07/2023
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Lungenerkrankungen


PULMONALE VASKULITIS

Pulmonale Vaskulitis bezeichnet eine Entzündung der kleinen Lungenblutgefäße. Normalerweise tritt sie als Teil einer breiteren Erkrankung auf, die den ganzen Körper betrifft und in mehreren Organen eine Gefäßentzündung verursacht. Die Erkrankung lässt sich mit Kortikosteroiden, Immunsuppressiva sowie mit Rituximab, einem monoklonalen Antikörper, behandeln.

ALVEOLÄRE BLUTUNGEN

Die Hauptsymptome sind Bluthusten sowie rasch fortschreitende Anämie (Mangel an roten Blutkörperchen). Alveoläre Blutungen werden normalerweise diagnostiziert, wenn im Zuge einer bronchoalveolären Lavage Blut entnommen wird. Es gibt eine Reihe von Gründen für alveoläre Blutungen, darunter auch seltene Infektionskrankheiten wie Leptospirose.

BRONCHIOLITIS

Bronchiolitis bezeichnet eine Entzündung der kleinen Lungenblutgefäße. Sie kann durch die Inhalation von Giftstoffen, Gasen und Stäuben oder als Folge einer Lungentransplantation auftreten. Die Erkrankung wird auch mit anderen Entzündungserkrankungen in Verbindung gebracht, wie rheumatoide Arthritis und interstitielle Erkrankungen. Bronchiolitis kann zu einer Obstruktion der Bronchien führen und wird mittels Lungenfunktionstest und Computertomographie diagnostiziert.

IDIOPATHISCHE EOSINOPHILE PNEUMONIE

Sie tritt als Folge einer medikamentösen Behandlung von anderen Krankheiten auf, kann aber auch von einer durch Wurmbefall ausgelösten Krankheit herrühren. Die Erkrankung geht mit Atemnot und hohen Mengen von Eosinophilen einher, einer Art weißer Blutkörperchen. Die Erkrankung wird auch mit Asthma assoziiert. Patienten sprechen oft dramatisch auf die Verabreichung von Kortikosteroiden zur Behandlung ihrer Erkrankung an; Rückfälle sind aber häufig zu beobachten.

Eine akute, kurzfristige Form der Erkrankung kann ebenfalls auftreten. Diese ähnelt dem akuten Atemnotsyndrom bei Erwachsenen. Diese Form der Erkrankung kann mit oder ohne Kortikosteroiden abklingen und tritt oft bei Personen auf, die gerade mit dem Rauchen begonnen haben.

PULMONAL-ALVEOLÄRE PROTEINOSE

Diese Art von Erkrankung wird von einer gestörten Immunantwort des Körpers verursacht, wenn sich ein bestimmtes Protein in den Lungenbläschen (Alveolen) ansammelt, wodurch die Atmung erschwert wird. Zu den Symptomen zählen Husten, Atemgeräusche und Kurzatmigkeit. Normalerweise wird die Erkrankung diagnostiziert, wenn im Zuge einer bronchoalveolären Lavage Blut entnommen wird. Bei diesem Verfahren wird mittels einer langen Sonde (Bronchoskop) Flüssigkeit in die Lunge injiziert und dann zur Analyse wieder entnommen.

Eine Ganzlungenlavage ist die standardmäßige Behandlung für pulmonal-alveoläre Proteinose. Dabei wird eine Sonde in die Lunge eingeführt, welche die Ventilation eines Lungenflügels ermöglicht, während der andere wiederholt mit Salzlösung gefüllt und wieder entleert wird, um angesammeltes Material aus den Lungenbläschen zu entfernen. Eine weitere Behandlung, bei der ein Protein namens GM-CSF inhaliert wird, hat sich ebenfalls als wirksame Therapie bei dieser Erkrankung etabliert.

IDIOPATHISCHE TRACHEOPATHIEN

Darunter versteht man Erkrankungen der Trachea (Luftröhre), die normalerweise mit chronischem Husten oder wiederkehrenden Lungeninfektionen einhergehen. Diese Erkrankungen werden mittels Computertomographie oder Endoskopie diagnostiziert. Dabei wird eine lange, biegsame Sonde in die Bronchien eingeführt (Bronchoskopie).

PRIMÄRE ZILIENDYSKINESIE

Die Primäre Ziliendyskinesie tritt auf, wenn ein Kind ein fehlerhaftes Gen von einem Elternteil erbt. Die Erkrankung betrifft die Zilien, mikroskopisch kleine Strukturen, die die Bronchien, Ohren und Nebenhöhlen auskleiden. Die Symptome der primären Ziliendyskinesie sind die Unfähigkeit, Schleim aus der Lunge abzuhusten, wiederkehrende Bronchitis, ständig verstopfte Nase sowie Nebenhöhlenentzündung. Die Erkrankung kann zu diffuser Bronchiektase (Verbreiterung der Bronchien) und letztendlich zu chronischer respiratorischer Insuffizienz führen.

THORAKALE ENDOMETRIOSE UND LUNGENKOLLAPS (KATAMENIALER PNEUMOTHORAX)

Endometriose ist eine häufige Frauenkrankheit, bei der kleine Teile der Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutter auftreten. Normalerweise finden sich diese Teile in den Eileitern und Eierstöcken, in der Blase, dem Darm, der Vagina oder dem Rektum. Gelegentlich treten sie auch in der Lunge auf (thorakale Endometriose). Dies kann zu Bluthusten und Kurzatmigkeit führen. Eine weitere Folgeerscheinung ist ein Lungenkollaps, auch als Pneumothorax bezeichnet. Bis zu einem Drittel aller Lungenkollapse bei Frauen könnten auf thorakale Endometriose zurückzuführen sein.

MULTIPLE ZYSTISCHE LUNGENERKRANKUNGEN

Diese Erkrankungen werden durch Zysten in der Lunge ausgelöst. Sie äußern sich in Atemnot, Lungenkollaps und langfristiger respiratorischer Insuffizienz. Zu den wichtigsten Erkrankungen gehören:

  • Lymphangioleiomyomatoe (LAM), die besonders bei jungen Frauen auftritt
  • Pulmonale Langerhans Zell Histiocytose, die bei Rauchern auftritt
  • Das Birt-Hogg-Dube Syndrom, das besonders Personen mit familiär gehäuftem Vorliegen von Lungenkollaps betrifft

Ursachen


Etwa 80% aller seltenen Erkrankungen werden durch genetische Faktoren verursacht. Die Erkrankungen könnten auch als Folge einer breiteren Erkrankung auftreten, die den ganzen Körper betrifft, oder von einem Medikament zur Behandlung einer anderen Erkrankung verursacht werden.

Diagnose und behandlung


Die Behandlung von seltenen Erkrankungen ist oft stark eingeschränkt, da nur wenige Personen an den jeweiligen Erkrankungen leiden. Manche Medikamente für die Behandlung anderer Erkrankungen werden auch bei seltenen Lungenerkrankungen eingesetzt.

Auf Regierungsebene wurden Anreize für Pharmafirmen geschaffen, um Behandlungen für seltene und „Orphan“-Erkrankungen der Lunge zu entwickeln. Allerdings ist der Preis dieser Behandlung oft enorm hoch.

Die EU hat Empfehlungen an Gesundheitsfachkräfte zur optimalen Behandlung von seltenen Erkrankungen herausgegeben. Zu den wichtigsten Prinzipien dieser Empfehlungen gehören:

  • Anbieter von Gesundheitsleistungen, die über Erfahrungswerte mit einer spezifischen seltenen Erkrankung verfügen, sollten zum Patienten reisen, nicht umgekehrt
  • Patienten sollen so nahe an ihrem Heimatort wie möglich behandelt werden, unter Umständen auch mit dem Einsatz neuer Technologien (Telemedizin)