Lungenkrebs-Vorsorge
Bei der Lungenkrebs-Früherkennung werden Tests eingesetzt, um die Krankheit in einer frühen Phase zu erkennen, bevor Symptome auftreten.
Im Gegensatz zu anderen Krebsarten ist eine routinemäßige Vorsorgeuntersuchung auf Lungenkrebs weltweit nicht üblich. Die Forschung hat jedoch herausgefunden, dass Lungenkrebs- Vorsorgeuntersuchungen die Überlebensraten verbessern können. Viele Gesundheitsorganisationen fordern Regierungen und internationale Organisationen daher auf, Programme für Menschen anzubieten, die als Hochrisikopatienten gelten.
Dieses Informationsblatt befasst sich mit der Frage, was eine Lungenkrebs-Vorsorgeuntersuchung ist, welche Risiken und Vorteile mit einer Vorsorgeuntersuchung einhergehen, und was aktuell die Position der Gesundheitsorganisationen ist.
Überblick
Lungenkrebs ist die häufigste Krebstodesursache in Europa. Er verursacht mehr Todesfälle als Dickdarm-, Brust- und Prostatakrebs zusammen. Wenn Lungenkrebs aufgrund von Symptomen erkannt wird, hat die Krankheit meist bereits eine späte Phase erreicht und lässt sich damit deutlich weniger wirksam behandeln.
Durch Vorsorge lässt sich Krebs in einer früheren Phase erkennen. Wird Krebs früher erkannt, können Behandlungen besser wirken und Lungenkrebs sogar heilen. Dies verbessert die Ergebnisse für Menschen, die mit der Krankheit leben, und reduziert die Behandlungskosten.
Was beinhaltet die Lungenkrebsvorsorge?
Es gibt verschiedene Tests, die zeigen können, wie gesund unsere Lungen sind. Als am wirksamsten für die Früherkennung von Lungenkrebs gilt heute der sogenannte Niedrigdosis-CT-Scan (Computertomographie). Dabei werden mittels Röntgen- und Computertechnologie verschiedene Aufnahmen des Brustkorbs gemacht. Ein Computer rekonstruiert aus diesen Bildern detaillierte Schnittbilder Ihrer Lunge. Diese Bilder sind detaillierter als normale Röntgenaufnahmen der Brust.
Bei einem Vorsorgeprogramm werden routinemäßig bestimmte Personengruppen in regelmäßigen Abständen untersucht. Derartige Programme gibt es in vielen Ländern auch für andere Krebsarten, wie z. B. Brust- oder Gebärmutterhalskrebs, wo die Vorsorgeuntersuchung routinemäßig für Frauen einer bestimmten Altersgruppe angeboten wird.
Was passiert bei einer Niedrigdosis-CT-Untersuchung?
Niedrigdosis-CT-Scans sind schnell und schmerzlos. Die Scan-Maschine ist in der Regel eine große, ringförmige Maschine mit einem kurzen Tunnel in der Mitte. Sie werden auf einem flachen Bett liegend in den kurzen Tunnel hinein unter das Scan-Gerät und wieder hinaus gefahren. Dabei werden die Bilder generiert. Ein Röntgenassistent bedient das Gerät vom Nebenraum aus, um die erforderlichen Aufnahmen zu machen.
Wie wird bei der Brust-CT Lungenkrebs erkannt?
Ein Radiologe analysiert die erstellten Bilder auf Auffälligkeiten im Bereich der Lunge, die auf Krebs hinweisen könnten. Auf dem Bild zu erkennende Flecken werden als Lungenknoten bezeichnet. Sie gilt es genauer zu untersuchen.
Diese Flecken sind relativ häufig. Sie können nicht nur ein Anzeichen für Lungenkrebs sein, sondern auch auf andere Probleme hinweisen, wie z. B. Vernarbungen
durch Infektionen oder Wucherungen, die nicht krebsartig sind. Diese Anomalien müssen zwar überwacht werden, erfordern aber oft keine sofortigen Maßnahmen.
Ist ein Knoten groß oder wird er zwischen den Scans größer, ist es wahrscheinlicher, dass es sich um Lungenkrebs handelt. In diesem Fall sind weitere Tests, einschließlich weiterer Scans oder ein Verfahren zur Entnahme eines Stücks des Knotens zur Untersuchung (Biopsie), erforderlich.
Was sind die Vorteile von Vorsorgeprogrammen?
Wenn Lungenkrebs aufgrund von Symptomen – wie anhaltendem Husten und wiederholten Brustinfektionen – erkannt wird, befindet er sich in der Regel bereits in einem fortgeschrittenen Stadium. Doch je später Lungenkrebs erkannt wird, desto weniger Behandlungsmöglichkeiten gibt es. Eine frühe Erkennung von Krebs kann dazu beitragen, die Chance auf eine wirksame Krebsbehandlung zu steigern – was den Menschen hilft, länger zu leben und ihre Lebensqualität zu verbessern.
Vorsorgeprogramme können helfen, Lungenkrebs deutlich früher zu erkennen. Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass bei der Verwendung von Niedrigdosis-CT-Scans die Wahrscheinlichkeit, einen Tumor im Frühstadium zu erkennen, bis zu viermal höher ist als bei einer herkömmlichen Röntgenaufnahme der Brust.
„ERS setzt sich für die frühestmögliche Erkennung und Vorsorge von Lungenkrebs ein. Lungenkrebs ist nach wie vor die häufigste Todesursache unter den Krebsarten. Die Einführung von Programmen für Niedrigdosis-CT-Vorsorgeuntersuchungen bei Personen mit hohem Risiko (ehemalige oder aktuelle Raucher) könnte Leben retten und dazu beitragen, diese verheerende Kurve zu ändern.“
Arzu Yorgancioğlu, ERS Advocacy Council Chair
Es gibt auch Hinweise darauf, dass Vorsorgeprogramme dazu beitragen können, die Zahl der Todesfälle durch Lungenkrebs zu reduzieren:
- Die Ergebnisse der größten Studie zur Lungenkrebsvorsorge wurden 2011 veröffentlicht. Demnach könnte die Verwendung von Niedrigdosis-CT-Scans zur Lungenkrebsvorsorge die Zahl der Todesfälle im Vergleich zu Röntgenaufnahmen der Brust um 20 % reduzieren.1
- Die bisher zweitgrößte Studie wurde in Belgien und Holland durchgeführt. Laut den 2020 veröffentlichten Ergebnissen war die Anzahl der Todesfälle durch Lungenkrebs nach 10 Jahren um 24 % reduziert, wenn Männern mit hohem Lungenkrebsrisiko niedrig dosierte CT-Scans angeboten wurden.2
Vorsorgeprogramme können auch andere Probleme – wie chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) oder Herzerkrankungen – aufdecken und dafür sorgen, dass den entsprechenden Befunden nachgegangen wird.
„Ich bin ein großer Befürworter von gezielten Vorsorgeprogrammen. Es ist so wichtig, gezielte Vorsorgeuntersuchungen einzuführen, wie wir sie derzeit für andere Erkrankungen anbieten, damit die Menschen den Nutzen verstehen – zum Beispiel regelmäßige Augenuntersuchungen und Diabetiker-Augentests für bestimmte Risiken.“
Janette, GB, Lungenkrebsüberlebende und Patientensprecherin
Gibt es Risiken bei Vorsorgeprogrammen?
Vorsorgeprogramme sind nicht perfekt und bergen Risiken. Um diese Risiken zu minimieren, werden Vorsorgeprogramme nur Personen angeboten, bei denen ein hohes Erkrankungsrisiko angenommen wird.
Niedrige Strahlendosis
Bei allen Röntgenaufnahmen werden während des Scanvorgangs geringe Mengen an Strahlung verwendet. Die Dosis ist bei einem Niedrigdosis-CT-Scan um 90 % geringer als bei einem herkömmlichen Thorax-CT-Scan. Es besteht immer noch eine gewisse Strahlenbelastung, die in einer sehr geringen Anzahl von Fällen Krebs verursachen kann. Die Menge entspricht der Strahlung, der eine Person im Durchschnitt über 6 Monate durch die natürliche Umgebung ausgesetzt ist. Dies entspricht 15 herkömmlichen Röntgenaufnahmen der Brust.
Das falsche Ergebnis erhalten
Auch wenn dies selten ist, können Tests mitunter falsche Ergebnisse liefern und anzeigen, dass eine Person Lungenkrebs hat, obwohl dies nicht der Fall ist. Dies kann verschiedene Ursachen habe, zum Beispiel eine Infektion zum Zeitpunkt des Scans. Man bezeichnet dies als falsch-positives Ergebnis. In der Regel folgen einem solchen Ergebnis weitere Tests, die Stress und Ängste auslösen können.
Behandlung einer Krebserkrankung, die möglicherweise harmlos war
Manchmal werden Fälle von Lungenkrebs entdeckt, die sehr langsam wachsen und im Vergleich zu anderen Typen weniger schädlich sind. Auch hier könnten Sie zu weiteren Tests und Behandlungen geschickt werden, die vielleicht nicht nötig gewesen wären. Dies wird als Überdiagnose bezeichnet. Es ist wichtig, mit Ihrem Arzt die Risiken und Vorteile von Tests und möglichen Behandlungen zu besprechen, die auf anderen Gesundheitsproblemen basieren, die Sie möglicherweise haben. Dies wird Ihnen helfen, eine fundierte Entscheidung über das weitere Vorgehen zu treffen.
In den letzten 20 Jahren hat sich die Forschung intensiv damit befasst, mehr über Lungenknötchen herauszufinden, wie sie auf CT-Scans zu erkennen sind. Verschiedene Richtlinien helfen dem medizinischen Fachpersonal, Lungenknoten zu identifizieren und die nächsten Schritte einzuleiten, wenn auf einem Scan Knoten entdeckt werden. Um bei der Suche und dem Management von etwaigen Anomalien zu helfen, bedarf es multidisziplinärer Teams aus spezialisierten Ärzten für Atemwegserkrankungen und Thorax-Radiologen. Dies trägt dazu bei, die mit der Vorsorgeuntersuchung einhergehenden Risiken stark zu reduzieren, um sicherzustellen, dass nur Knoten, die Krebs sind, behandelt werden.
Was ist ein nationales Vorsorgeprogramm?
Ein nationales Vorsorgeprogramm umfasst die Ermittlung von Personengruppen, die als besonders gefährdet für Lungenkrebs gelten, und die Einladung dieser Personen zu einer Lungenvorsorgeuntersuchung.
Rauchen ist mit Abstand der größte Risikofaktor für Lungenkrebs. Die derzeitigen Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Vorsorgeprogramme am besten funktionieren, wenn sie sich an Personen im Alter zwischen 50 und 74 Jahren richten, die derzeit rauchen, oder die früher geraucht und aufgehört haben. Es wurde auch festgestellt, dass Frauen in einem frühen Stadium besser auf die Behandlung von Lungenkrebs ansprechen, daher könnte der Nutzen der Vorsorgeuntersuchung für Frauen größer sein.
Forscher glauben, dass Lungenkrebs-Vorsorgeprogramme noch effektiver sein könnten, wenn sie mit Unterstützung bei der Raucherentwöhnung einhergehen.
Doch diese spezifischen Gruppen machen noch nicht alle Lungenkrebsfälle aus. Es gibt weiter Risikofaktoren, die mit Lungenkrebs in Verbindung gebracht werden, wie z. B. Luftverschmutzung, Belastung durch Radongas oder Asbest oder andere Substanzen, die giftig für die Lunge sind. Durch die Auswahl einer bestimmten Hochrisikogruppe, wie z. B. ältere Raucher, zielt ein Vorsorgeprogramm darauf ab, so viele Fälle wie möglich zu finden, während das Risiko für ansonsten gesunde Menschen gesenkt wird.
Die Vorstellung, für Scans und Tests in ein Krankenhaus zu fahren, kann beunruhigen. Einige Länder überlegen, wie sie diesen Prozess vereinfachen können. So wurde in Großbritannien ein Pilotprojekt gestartet, das „Lungengesundheitschecks“ in mobilen Gesundheitseinheiten anbietet, die an Supermärkten geparkt sind. Die Menschen konnten für einen schnellen Check vorbeikommen und erhielten bei Bedarf Folgetermine.
„Es gibt noch viel zu tun, um zu entscheiden, welche Menschen eine Vorsorgeuntersuchung erhalten sollten, aber ganz gleich, welche Gruppe das nun ist, der Nutzen einer früheren Erkennung von Lungenkrebs ist enorm und könnte Leben retten.“
Janette, GB, Lungenkrebsüberlebende und Patientensprecherin
Gibt es in meinem Land ein Vorsorgeprogramm?
Bislang bieten einzig die USA und China Menschen die Möglichkeit, sich auf Lungenkrebs untersuchen zu lassen. Die Programme sind durch die nationalen Gesundheitssysteme dieser Länder abgedeckt. Weitere Länder wie die Niederlande und Großbritannien bieten an einzelnen Orten Vorsorgeuntersuchungen an.
Es ist die Aufgabe von Gesundheitsbehörden und Vorsorgeuntersuchungsräten, die Risiken und Schäden abzuwägen und robuste und effektive Vorsorgeprogramme zu entwickeln.
Was bringt die Zukunft?
Die meisten Experten sind der Meinung, dass die Evidenz für einen Einsatz von Lungenkrebs-Vorsorgeuntersuchung spricht, um Leben zu retten, und dass es an der Zeit ist, nationale Programme einzuführen.
Die European Respiratory Society hat gemeinsam mit der European Society of Radiology zum Handeln aufgerufen, um nationale Vorsorgeprogramme zu implementieren. Weitere Informationen finden Sie auf der ERS-Website: Lung cancer screening: cutting costs, saving lives – ERS – European Respiratory Society (ersnet.org)
Es bedarf nun Empfehlungen auf europäischer und internationaler Ebene, um einzelne Länder zu unterstützen und zu ermutigen, eigene Vorsorgeprogramme zu starten. Es ist wahrscheinlich, dass in den kommenden Jahren nationale Vorsorgeprogramme in Ländern in ganz Europa und der Welt anlaufen werden.
Weiterführende Lektüre
- Ein gemeinsamer Bericht dieser Gesellschaften aus dem Jahr 2020 beschreibt die neuesten Erkenntnisse zur Lungenkrebsvorsorge und die notwendigen Schritte zur Umsetzung nationaler Programme: ESR/ERS statement paper on lung cancer screening (ersjournals.com)
- Das ergänzende Material zu diesem Bericht kann hier heruntergeladen Es enthält eine aktuelle Zusammenfassung der verschiedenen Phasen, in denen sich die einzelnen europäischen Länder bei der Umsetzung der nationalen Vorsorgeprogramme befinden: ESR/ERS statement paper on lung cancer screening | European Respiratory Society (ersjournals.com)
- Sehen Sie sich ein Video der European Respiratory Society über die Bedeutung der Lungenkrebsvorsorge an: Lung cancer screening: cutting costs, saving lives – YouTube
Die European Lung Foundation (ELF) wurde von der European Respiratory Society (ERS) mit dem Ziel gegründet, Patienten, die Öffentlichkeit und Experten für Lungenerkrankungen zusammenzubringen, um die Atemwegsmedizin positiv zu beeinflussen. ELF widmet sich der Lungengesundheit in ganz Europa und bringt die führenden europäischen medizinischen Experten zusammen, um Patienteninformationen bereitzustellen und das öffentliche Bewusstsein für Lungenerkrankungen zu schärfen.
Dieses Material wurde mit Hilfe von Janette Rawlinson, Mitglied der ELF- Patientenberatungsgruppe, Dr. Georgia Hardavella (Beraterin für Atemwegserkrankungen) und Dr. Nikolaos I. Kanellakis (Postdoktorand) zusammengestellt. Dieses Informationsblatt wurde von Lung Cancer Europea (LuCE) befürwortet.
Erstellt im Februar 2021.