Qualitätsstandards für die Behandlung von Lungenkrebs: Informationen zum besseren Verständnis der klinischen Leitlinie
Hier werden die Empfehlungen erläutert, die von der European Respiratory Society (ERS) in der klinischen Leitlinie zur Behandlung von Lungenkrebs dargelegt wurden. Die folgenden Informationen richten sich an Menschen mit Lungenkrebs, ihre Familien und sie pflegende Personen.
Content Table
Einleitung
An wen richtet sich dieses Dokument und worum geht es?
In diesem Dokument werden die Empfehlungen erläutert, die von der European Respiratory Society (ERS) in der klinischen Leitlinie zur Behandlung von Lungenkrebs dargelegt wurden. Die folgenden Informationen richten sich an Menschen mit Lungenkrebs, ihre Familien und sie pflegende Personen.
Was sind klinische Leitlinien?
Klinische Leitlinien sind das Ergebnis eines wissenschaftlichen Prozesses, bei dem neueste Daten und Erkenntnisse über eine Erkrankung oder ein Symptom zusammengetragen werden. Zudem finden die Ansichten von Experten und Expertinnen sowie die Prioritäten von Betroffenen und Betreuenden bzw. Pflegenden Berücksichtigung, die über Erfahrungen mit der jeweiligen Krankheit verfügen. Klinische Leitlinien richten sich an medizinisches Fachpersonal und dienen als Best-Practice-Dokument in Bezug auf die Diagnose, das Management und die Behandlung einer Krankheit.
Was ist in diesem Dokument enthalten?
In diesem Dokument werden die wichtigsten Inhalte der klinischen Leitlinie zur Behandlung von Lungenkrebs zusammengefasst dargestellt und so erläutert, dass sie für Menschen ohne medizinischen Hintergrund gut verständlich sind. Es wird erklärt, was Lungenkrebs ist, und wie Menschen mit dieser Erkrankung behandelt werden sollten. Dabei wird auf die Versorgungsstandards eingegangen, die im Sinne einer maximal effektiven Behandlung erfüllt werden sollten.
Ziel ist es, Menschen mit Lungenkrebs Informationen zugänglich zu manchen, sodass sie den Behandlungsstandard besser verstehen, den sie erwarten sollten, und sich in der Lage sehen, informierte Entscheidungen zu Behandlungsoptionen zu treffen.
Was ist Lungenkrebs?
Unter Lungenkrebs versteht man Krebs der Luftröhre (Trachea), der Atemwege (Bronchien) oder der Lungenbläschen (Alveolen). Lungenkrebs ist heute weltweit bei Frauen wie bei Männern für die meisten krebsbedingten Todesfälle verantwortlich. Die Überlebensraten hängen von der Krebsart und vom Stadium der Erkrankung bei Diagnosestellung ab.
Innerhalb Europas gibt es große Unterschiede bei der Behandlung von Menschen mit Lungenkrebs. Zudem fehlt es an Daten zur Qualität dieser Versorgung. Mit dieser Leitlinie möchten wir Empfehlungen geben, die innerhalb Europas eine bestmögliche Versorgung von an Lungenkrebs erkrankten Menschen sicherstellen.
Empfehlungen zur Behandlung und Versorgung von Menschen mit Lungenkrebs
Zeitpunkt der Diagnose und Behandlung
Die Behandlung schlägt besser an, wenn Lungenkrebs frühzeitig diagnostiziert wird. Lungenkrebs-Symptome treten allerdings häufig erst in einem späten Krankheitsstadium auf. In Europa etablieren sich zunehmend Programme zur Früherkennung von Lungenkrebs, mit denen Lungenkrebs festgestellt werden kann, bevor sich Symptome zeigen.
In der Leitlinie wird empfohlen, den Zeitraum zwischen Diagnosestellung und Beginn der Behandlung kurz zu halten. So kann das Behandlungsergebnis verbessert und der Überlebenszeitraum (die sogenannte Überlebensrate) verlängert werden. Es ist jedoch wichtig, dass die Diagnose zuerst bestätigt wird, da sich ein Behandlungsbeginn schädlich auswirken kann, wenn die Diagnose nicht korrekt ist. Zudem sollte der aktuelle Gesundheitszustand medizinisch evaluiert werden. Es ist möglich, dass zuerst eine andere Krankheit behandelt werden muss, bevor mit der Krebsbehandlung begonnen werden kann. In einem solchen Fall sollte gemäß der Leitlinie so bald wie möglich nach Abschluss dieser Behandlung mit der Behandlung gegen Lungenkrebs begonnen werden.
Entscheidungstools
Entscheidungstools helfen den Betroffenen beim Verständnis der bestehenden Behandlungsoptionen. Sie erläutern die Vorteile und Risiken, die mit verschiedenen Entscheidungen verbunden sind, die getroffen werden müssen.
In der Leitlinie wird von Lungenkrebs Betroffenen der Einsatz eines Entscheidungstools empfohlen. Es gibt Belege dafür, dass solche Tools Menschen helfen, ihre Krankheit und Behandlung besser zu verstehen. Zudem führen sie zu besseren Gesprächen zwischen den Betroffenen und dem für sie zuständigen medizinischen Fachpersonal. Dies kann auf Patientenseite eine höhere Zufriedenheit mit der Behandlung zur Folge haben.
Diagnose der jeweiligen Lungenkrebsart
In den letzten Jahren ist die Zahl der Möglichkeiten, Lungenkrebs zu behandeln, gestiegen. Zudem wissen wir inzwischen mehr über die verschiedenen Arten von Lungenkrebs und darüber, wie sie sich körperlich auswirken. Studien zeigen, dass eine auf die konkrete Lungenkrebsart abgestimmte Behandlung die Überlebensrate steigert. Die Verfahren zur Bestimmung der Lungenkrebsart sind jedoch nur eingeschränkt verfügbar.
Gemäß der Leitlinie sollten medizinische Fachkräfte bei Verdacht auf Lungenkrebs auf die Analyse einer Tumorprobe hinwirken, um mehr über das Tumorwachstum zu erfahren. Dieses Verfahren nennt sich pathologische Diagnose. Diese Art der Diagnose liefert ein genaueres Bild des vorliegenden Lungenkrebses.
Auch bei Personen mit einer bestätigten Lungenkrebs-Diagnose sollte zuerst ermittelt werden, um welchen Lungenkrebs es sich genau handelt. Hierfür ist die Klassifikation für Lungentumoren der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zurate zu ziehen. Durch eine Analyse der Zellen kann festgestellt werden, auf welchen Teil des Krebses mit der Behandlung abgezielt werden sollte, um bestmögliche Ergebnisse zu erhalten.
Multidisziplinäre Teams
Einem multidisziplinären Team gehören Fachleute aus verschiedenen Gesundheitsbereichen an, die sich gemeinsam um die Versorgung eines Patienten bzw. einer Patientin kümmern. Im Fall von Lungenkrebs könnte ein solches Team jeweils eine Person aus den Bereichen Chirurgie, Onkologie, Pneumologie, Fachkrankenpflege und Radiologie umfassen, die ihr jeweiliges Fachwissen in das Team einbringen und gemeinsam auf eine maximal effektive Behandlung hin wirken.
Solche multidisziplinären Teams zur Versorgung von Menschen mit Lungenkrebs sind in Europa weit verbreitet. Auch gemäß der Leitlinie sind sie für eine bestmögliche medizinische Begleitung unabdinglich. Zudem geht aus der Leitlinie hervor, dass es bestimmte Prozesse und Strukturen braucht, um während der gemeinsamen Behandlung eine erfolgreiche Teamarbeit sicherzustellen.
Lungenkrebs-Operationen und alternative Behandlungsverfahren
Vorliegende Daten zeigen, dass bei Menschen mit Lungenkrebs die Überlebensrate steigt und die Zahl der lungenkrebsbedingten Todesfälle sinkt, wenn Operationen oder andere Verfahren in spezialisierten Krankenhäusern durchgeführt werden. Um solche Ergebnisse zu erzielen, ist es oftmals nötig, verschiedene Leistungen an einem zentralen Krankenhaus innerhalb einer Region anzusiedeln. Das kann bedeuten, dass von Lungenkrebs Betroffene längere Wege auf sich nehmen müssen, um sich behandeln zu lassen.
In der Leitlinie wird empfohlen, dass Lungenkrebs-Operationen und andere Behandlungsverfahren in einem Krankenhaus erfolgen, das damit Erfahrung hat, und von einem Facharzt / einer Fachärztin für Chirurgie oder mit einer ähnlichen Qualifikation durchgeführt werden.
Palliativversorgung
Bei der Palliativversorgung geht es um die Linderung von Schmerzen und anderen belastenden Symptomen. Der Fokus liegt hier darauf, die Behandlung kranker Menschen so erträglich wie möglich zu gestalten, wobei palliative Versorgung immer auch psychologischen, sozialen und spirituellen Beistand umfassen sollte. Die Palliativversorgung wird oft mit der Pflege am Lebensende, in den letzten Monaten oder Jahren des Lebens, gleichgesetzt. Sie kann jedoch auch in früheren Stadien der Behandlung zur Symptomlinderung Anwendung finden.
Die Datenlage legt nahe, dass sich ein frühzeitiger Beginn palliativer Versorgung positiv auf Menschen mit Lungenkrebs auswirkt und unter anderem die Lebensqualität verbessert. Gemäß der Leitlinie sollte je nach Schweregrad der Symptome bereits in einem frühen Stadium palliativ behandelt werden.
Leitlinien und Standardverfahren
In Leitlinien werden verfügbare Forschungsdaten zusammengefasst und Empfehlungen für die bestmögliche Versorgung kranker Menschen dargelegt. Auf internationaler und nationaler Ebene gibt es eine Vielzahl von Leitlinien zu Lungenkrebs, die qualitative Unterschiede aufweisen können und in machen Fällen veraltete Informationen enthalten. Hinzu kommt, dass nicht immer klar ist, ob Fachleute Zugang zu diesen Leitlinien haben und sie befolgen.
Daten zeigen, dass es Menschen mit Lungenkrebs auf verschiedenen Ebenen zugutekommt, wenn Leitlinien leicht zugänglich sind und im Gesundheitswesen umgesetzt werden: Betroffene leben länger, ihre Chance, behandelt und geheilt zu werden, ist höher und die sie betreuenden medizinischen Fachkräfte können besser beurteilen, welches Krebsstadium vorliegt.
In dieser Leitlinie wird die Umsetzung hochwertiger Leitlinien und Standards empfohlen. Zudem enthält sie die Empfehlung, dass sich Experten und Expertinnen aus der ganzen Welt gemeinsam auf Leitlinien einigen, die dann auf die Gesundheitssysteme in den einzelnen Ländern abgestimmt werden können.
Messung der Wirksamkeit der Behandlung von Lungenkrebs
Zur Verbesserung der Versorgungsqualität ist es entscheidend, Informationen darüber zusammenzutragen, wie von Lungenkrebs Betroffene behandelt werden und wie wirksam die einzelnen Behandlungsarten sind.
In dieser Leitlinie wird zur Sammlung entsprechender Informationen die Unterhaltung nationaler Lungenkrebs-Register empfohlen. In solchen Registern werden auf Länderebene Informationen dazu gesammelt, wie viele Menschen an Lungenkrebs erkrankt sind und wie sie behandelt werden. Solche Angaben können dann Eingang in zukünftige Leitlinien zu Lungenkrebs finden und zu einer Verbesserung der Versorgungssituation beitragen.
Die Leitlinie empfiehlt auch andere Möglichkeiten zur Verbesserung der Qualität der Versorgung von Menschen mit Lungenkrebs. Unter anderem wird empfohlen, die Behandlung und Versorgung innerhalb von Ländern zu vereinheitlichen und Treffen von Fachleuten für Lungenkrebs sicherzustellen, bei denen deren Arbeitsergebnisse überprüft werden.
Weiterführende Lektüre
Diese Leitlinie wurde von der European Respiratory Society und der European Lung Foundation erstellt. Weitere Informationen zu diesen Organisationen finden Sie unter den folgenden Links.
Die vollständige klinische Leitlinie wurde im European Respiratory Journal veröffentlicht:
European Respiratory Society Guideline on various aspects of quality in lung cancer care (Leitlinie der European Respiratory Society zu verschiedenen Qualitätsaspekten bei der Behandlung von Lungenkrebs)
Weitere Ressourcen für Betroffene und Betreuende:
Factsheet zur Lungenkrebs-Vorsorge
Factsheet zu seltenen Formen von Lungenkrebs
Factsheet zum Rauchen mit bestehender Lungenkrankheit
Info zur ERS
Als internationale Organisation bringt die European Respiratory Society (ERS) Ärzte und Ärztinnen, anderes Gesundheitspersonal, Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sowie weitere Fachleute aus dem Bereich der Lungenheilkunde zusammen. Mit einer wachsenden Zahl an Mitgliedern in mehr als 140 Ländern ist die ERS eine der führenden medizinischen Organisationen in diesem Bereich. Ihre Mission besteht darin, den mit Krankheiten im Atemwegsbereich verbundenen Leidensdruck zu mindern sowie Standards in der Lungenheilkunde global voranzutreiben und so die Lungengesundheit zu fördern. Im Mittelpunkt des Wirkens der ERS stehen Wissenschafts-, Informations- und Fürspracheaktivitäten. Die ERS fördert die wissenschaftliche Forschung, bietet qualitativ hochwertige Informationsressourcen und sensibilisiert als bedeutende Advocacy-Akteurin sowohl die Öffentlichkeit wie auch die Politik für Lungenkrankheiten.
Info zur ELF
Die European Lung Foundation (ELF) wurde von der European Respiratory Society (ERS) mit dem Ziel gegründet, Personen mit Lungenerkrankungen, die Öffentlichkeit und Fachleute für Lungenerkrankungen zusammenzubringen. Die ELF gibt für die Öffentlichkeit bestimmte Versionen der ERS-Leitlinien heraus, für die die Empfehlungen für medizinisches Fachpersonal in Europa so aufbereitet wurden, dass sie auch von Laien verstanden werden. Diese Dokumente enthalten keine detaillierten Informationen zu den jeweiligen Krankheiten und sollten im Zusammenspiel mit anderen Patienteninformationen und Gesprächen mit dem behandelnden Arzt / der behandelnden Ärztin Anwendung finden.